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1. Ausgewählte Lesestücke aus deutschen prosaischen Musterschriften für höhere Bürgerschulen und die unteren Klassen der Gymnasien - S. 127

1810 - Berlin : Realschulbuchh.
127 Briefe. was Sie eben so natürlich als billig finden wer- den, — höre auch nicht auf wider diese Behauptung Einsprache zu thun. Dieser offnen Fehde ungeach- tet, sind beide Schwestern dahin übereingekommen, Sie zu bitten, daß Sie selbst diese Streitfrage doch weder jetzt noch \t in Zukunft entscheiden möchten. Leben Sie wohl! Dre Vorsehung wache huld- reich über die Heiterkeit Ihres Gemüthes und den Frieden Ihrer Seele. 2. Ein Brief von I. G. Jakobi an seinen Bruder. Ueber den Tod des blinden Dichters Pfeffel. An wen sollte ich in meiner Trauer um Pfeffel mich eher wenden, als an dich, mein Lieber, mit dem ich seit den Kinderjahren so manchen gemein- schaftlichen Verlust beweinte, und der in meinem eignen Leiden mir oft so tröstend die Hand bot? Du sahest ihn nie, den brüderlichen Freund unsers verewigten Schlosser und den meinigen; aber Du liebtest ihn, wie er Dich liebte, redetest von ihm mit eben der Empfindung, mit welcher er über jeden kleinen, Dich betreffenden, Umstand mich befragte; und selbst seine ehrenvolle Aufnahme in die Akade- mie der Wissenschaften, deren Vorsteher Du bist, war ihm als Erfüllung eines, zuerst von Dir öffent- lich ausgesprochnen Wunsches, doppelt theuer. Wer also weiß besser, als Du, was ich verlor? Ach, und seitdem Schlosser diese Gegend verließ, war er von meinen alteren Freunden de^ einzige, der in mei- ner Nahe lebte! In wenigen Stunden konnten wir am diesseitigen Rhein - Ufer zusammentreffen, wo wir einander wechselsweise nach Freiburg oder nach Colmar abholten. Welch ein Augenblick dann, wenn vor dem Gasthofe der Wagen des früher angekommenen Freundes schon da stand, und die / f •

2. Ausgewählte Lesestücke aus deutschen prosaischen Musterschriften für höhere Bürgerschulen und die unteren Klassen der Gymnasien - S. 216

1810 - Berlin : Realschulbuchh.
sitz Siebenter Abschnitt. fqhrern, wie er sie nur in seinem jetzigen Vater- lande, Portugall, finden konnte, sein großes Vor- haben zur Ausführung bringen zu können. Denn daß auch Johann der Zweite, der erst vor kurzem einen Pedro de Coviilam und Alphonso de Payra zu Lande nach Abyssinien, und den Bartholomao Dia; zur See nach Indien gesandt hatte, so ungezwei- fe!t vortheilhaste Vorschläge ebenfalls zurückweisen werde, ließ er sich wohl von ferne nicht in den Sinn kommen. --- Colombo war dem Könige bereits von einer nicht unvortheilhaften Seite als Seemann bekannt; um so eher konnte er wenigstens Aufmerk- samkeit und sorgfältige Prüfung seiner Vorschlage erwarten. — Hierin fand er sich auch nicht betro- gen. Johann widmete ihnen beides: und da er, oh wohl keineswegs ganz ohne Kenntnisse dieser Art, sich doch nicht Einsicht und Erfahrung genug zu- traute, um darüber zu entscheiden, so übertrug er die nähere Prüfung derselben den Männern, denen er die meiste Fähigkeit einer richterlichen Entschei- dung zutraute, und die er gewöhnlich zu Ra/he zu ziehen pflegte. — Diese waren; der Bischof von Ceuta, und zwei jüdische Aerzte, die in dem Rufe standen, große Cosmographen zu seyn. — Diesen drei Männern war auch die Aufsicht über die Ent- deckungsreisen anvertraut, und der Plan, nach wel- chem man dabei verfuhr, rührte zum Theil von ihnen her, und war wenigstens völlig von ihnen febjlligt. Natürlich waren sie nun auch für diesen flan, und eben so natürlich gegen jeden andern ein- genommen, der von diesem abwich, oder gar ein entgegengesetztes Verfahren angab. Und ein empi- rischer Seemann — denn dafür galt ihnen Colombo nur sollte einsichtsvoller seyn, als so große ge- lehrte Eosmologen? Schon vor der Untersuchung stand daher bei ihnen die Ueberzeugung, oder viel- mehr der Schluß fest, daß des Colombo Plan nichts tauge und verworfen werden müsse. — In- dessen, da der König nicht der Mann war, den man mit Machtsprüchen abfertigen konnte, so suchten sie sich für diesen einen genugthuenhen Beweis zu ver-

3. Ausgewählte Lesestücke aus deutschen prosaischen Musterschriften für höhere Bürgerschulen und die unteren Klassen der Gymnasien - S. 294

1810 - Berlin : Realschulbuchh.
Sz4 Siebenter Abschnitt. rischsten Reden wider den Sokrates. Er betrat nach ihnen den Platz, ohne zu zittern oder zu zagen, oh- ne, nach der damaligen Gewohnheit auf Gerichts- stuben , seine Richter durch einen jämmerlichen An- blick zum Mitleiden bewegen zu wollen; sondern mit dem gesetzten und zuversichtlichen Wesen, das seiner Weisheit anständig war. Er hielt eine zwar ungekünstelte und unvorbereitete, aber männliche und sehr nachdrückliche Rede, in welcher er alle Ver- leumdungen und boshaften Gerüchte, die man zu seinem Nachtheil ausgestreut batte, ohne Bitterkeit widerlegte, seine Ankläger beschämte, und in ihren eignen Beschuldigungen Widersprüche und Unge- reimtheiten zeigte. Seinen Richtern begegnete er zwar mit der erforderlichen Ehrerbietigkeit, sprach aber in einem so festen, und seines Vorzugs sich be- wußten Tone, daß seine Rede öfters durch unzu- friedenes Murmeln unterbrochen ward. Er beschloß mit folgenden Worten: „Werdet nicht ungehalten, Athenienser ! daß ich, wider die Gewohnheit der Verklagten, nicht in Thränen zu euch rede, oder meine Kinder, Verwandten und Freunde in einem kläglichen Aufzuge erscheinen lasse, um euch zum Mitleiden zu bewegen. Nicht aus Hochmuth oder Trotz habe ich dieses unterlassen; sondern weil ich ps für unanständig halte, einen Richter anzuflehen, und ihn durch etwas andres, als durch die Recht- mäßigkeit der Sache, einnehmen zu wollen. Der Richter hat sich durch einen Eid verpflichte/, nach Gesetz und Billigkeit zu urtheilen, uno sein Mitlei- den so wenig als seinen Zorn den Ausspruch thun zu lassen. Wir Angeklagten handeln also wider Recht und Billigkeit, wenn wir euch durch unsre Klagen eidbrüchig zu machen suchen, und wider die Achtung, die wir euch schuldig sind, wenn wir euch fähig halten, es zu werden. Ich will auf keinerlei Werft meine Errettung solchen Mitteln zu verdanken haben, die weder recht, noch billig, noch gettes- fürchtig find; vornehmlich da ich vom Melrtus so eben der Gottlosigkeit beschuldiget worden bin. Wenn ich durch mein Flehen euch meineidig zu

4. Ausgewählte Lesestücke aus deutschen prosaischen Musterschriften für höhere Bürgerschulen und die unteren Klassen der Gymnasien - S. 295

1810 - Berlin : Realschulbuchh.
Charakterschilderung und Biographie. 295 machen suchte, so Ware dieses der überzeugendste Beweis, daß ich keine Götter glaube; mithin würde mich diese Vertheidigung selbst der Gottesläugnung überführen. Aber nein! ich bin mehr, als alle mei- ne Ankläger, von dem Daseyn Gottes überzeugt, und ergebe mich daher Gotte und euch, mich nach Wahrheit zu richten, und über mich zu verhangen, was ihr so wohl für euch, als für mich für das Beste haltet." Die Richter waren höchst unzufrieden über die- ses gesetzte und unerschütterte Wesen, und unter- brachen den Plato, der nach ihm hervortrat und zu reden begann. „Ob ich schon der jüngste bin, Athe- nienser! fing Plato an, von denen, welche diesen Ort hinaufgestiegen" — Heruntergestiegen! riefen sie ihm zu, und ließen ihn seine Rede nicht fort- setzen. Sokrates wurde durch die Mehrheit volt drei und dreißig Stimmen für schuldig erkannt. Es war die Gewohnheit zu Athen, daß die Der- urtheilten sich selbst eine gewisse Strafe, Geldbuße, Gefängniß oder Verbannung auflegen mußten, um dadurch die Billigkeit des Urtheils zu bekräftigen, oder vielmehr ihre Verbrechen eiuzugestcheu. So- krates sollte- wählen'; aber er wollte auf keinerlei Weise gegen sich selbst so ungerecht seyn, sich für schuldig zu erkennen. „Wenn ich frei sagen soll, was ich verdient zu haben glaube, so wisset, Athe- nienser! ich glaube, durch die Dienste, die ich dev Republik geleistet habe, wohl werth zu seyn, daß mau mich auf öffentliche Kosten im Prytaneum un- terhalte." Auf Zureden seiner Freunde verstand er sich gleichwohl zu einer kleinen Geldbuße, wollte aber nicht zugeben, daß sie unter sich eine größere Summe zusammenschießen sollten. Die Richter be- rathschlagten sich, welche Strafe sie ihm zuerkennen sollten, und die Bosheit seiner Feinde brachte es dahin, daß er zum Lode verurtheilt wurde. „Jhv seyd mit eurem Urtheil sehr voreilig gewesen , Athe- nienser! sprach Sokrates, und habt dadurch den Verlaumdern dieser Stadt Stoss gegeben, euch vor- zuwerfen, daß ihr den weisen Sokrates ums Leben

5. Für die obere Stufe - S. 9

1892 - Berlin : Gaertner
Altertum. 9 Iii. Die Römer. I. Die Königszeit. 753 Gründung der Stadt Rom (Palatin). Romulus (Remus). Numa Pompilius (Kultus). Tullus Hostilius (Albalonga zerstört). Aneus Marcius (Plebs). Tarquinius Priscus (Bauten). Servius Tullius (Centuriatverfassung; 5 Klassen)- 510 Tarquinius Superbus vertrieben. Älteste Verhältnisse: Familie — Geschlecht (die gens) — Gemeinde (= Patrizier). Volksversammlung — Senat — König. Klienten (Patron ein Patrizier) \ . Kriegsgefangene (Patron der König) J e ejei * Durch die Centuriatverfassung wird bewirkt: Bildung des Heeres aus Patriziern und Plebejern; Einrichtung der Centiiriatcomitien. (98 Stimmen der 1. Klasse gegen 95 Stimmen.) 2. Zeit der Republik. 494 Auswanderung der Plebs auf den heiligen Berg. (Schuldenlast erleichtert; Volkstribunen.) Ackergesetz des Cassius. —449 Die Decemvirn. (Geschriebene Gesetze auf Xii Tafeln. Appius Claudius, Virginia.) 445 Das Gesetz des Canulejus: Eherecht. Militärtribunen rait consularischer Gewalt (statt Consuln). —396 Belagerung von Veji — Camillus. 390 Schlacht an der Allia; Verbrennung Roms durch die Gallier. 367 Licinische Gesetze: über Staatsland; über Schuldenerleichterung (Zinsen vom Kapital abgezogen); ein Consul Plebejer (Sextius).

6. Geschichte der Römer - S. 59

1836 - Leipzig : Baumgärtner
m können, hatten sie seit der Decemviralregierung die Erlaubniß, vor den Thüren der Rathsversammlung zu sitzen und deren Verhandlungen zu- Zuhören. Die von ihnen gebilligten Senatsbeschlüsse Unterzeichneten sie mit einem T. Damit sie zu jeder Zeit helfen konnten, durften sie gesetzlich, außer wahrend der latinischen Ferien, keine Nacht außerhalb der Stadt zubringen, und Tag und Nacht mußten die Thüren ihrer Wohnungen offen stehen. Zu ihrer Bedienung hatten sie keine Lictoren, sondern nur Apparitores, Staatssklaven. Sie hatten weiter keine äu- ßere Auszeichnung, als daß sie eine mit einem Purpurstreifen besetzte Toga trugen. Seit der Errichtung des Tribunats begann der Kampf um die Gleichstellung der bürgerlichen Rechte und Ansprüche gegen die Patricier oder den Erbadel, der aber in der Verwaltung der einstußreichen Au- spicien und öffentlichen Opfer in der Cliente! zwei feste Stützen seiner Macht hatte. Da jedoch die Tribunen den Grundsatz, in der Plebejer- gemeinde liege die höchste Macht (Souverainitat des Volkes), mit Beharrlichkeit festhielten und durchführten, so mußten sie endlich ihren Zweck erreichen. In der später» Zeit der Republick benutzten aber Factionshaupter die tribunicische Gewalt zu herrschsüchtigen Absichten und richteten durch eine zügellose Demokratie die Republik zu Grunde. Nach Einführung der Monarchie wurde diese Gewalt ein Attribut der Kaiser. Die dabei noch fortdauernden Tribunen waren » ein leeres Schattenbild und ein Name ohne Ehre," bis auch dieser unter Con- stantin dem Großen verschwand. Mit den Tribunen wurden die Aediles plebeji eingesetzt, als Auf- seher des plebejischen Archivs im Cerestempel, wahrscheinlich auch als Verwalter der Gemeindekasse, und der Polizei über die Plebejer. Auch führten sie die Aufsicht über den Kornhandel und die Brodspenden, bis dazu im I. 440 v. Chr. ein besonderer Aufseher, Praefectus annonae, ernannt ward. Iii. Cajus Marcius Coriolanus und der Krieg gegen die Volsker. Eine natürliche Folge des während der Kriege mit den Volskern vernachlässigten Ackerbaues war Theuerung der Lebensmittel, dann Hungersnoth; ansteckende Krankheiten herrschten im Volskerlande. Die Consuln ließen daher Getreide in Etrurien und Sicilien aufkaufen, und der edle Tyrann von Syrakus, Gelon, schenkte den Preis des in seinen Hafen gekauften Getreides. Im Senate aber stritt man dar-

7. Geschichte der Römer - S. 88

1836 - Leipzig : Baumgärtner
Zweiter Abschnitt. Die Zeit der gemischten Verfassung von 366 —133 v. Ehr. a. Bis zur Unterwerfung Italiens. Xi. Prätoren« Curnl - Aedilen. Theilnahme der Plebejer an den höchsten Staatsämtern. Die Rechtspflege, bisher mit dem Consnlat verbunden, übernahm von nun an Ein Pratvr und zwar aus patricischem Geschlecht, weil die Patricier die alleinigen Inhaber und Ausleger der Rechtskunde waren. Seine Wahl geschah, wie die der Consuln, in der Versamm- lung der Centurien. Er war auch der Stellvertreter der Consuln und Inhaber der höchsten Gewalt in ihrer Abwesenheit. Seit 337 v. Ehr. gelangten auch Plebejer zu dieser Würde. Gegen Ende des ersten punischen Krieges, im I. 242 v. Ehr., wurden zuerst zwei Prätoren gewählt, ein Praetor urbanus für die einheimischen Bürger, und ein Praetor peregrinus, welcher den Fremden in Rom das Recht sprach, wie in Athen der Archon Polemarchos. Als die Römer auch aus- wärtige Besitzungen erhielten, so wurde für die Verwaltung dieser Länder die Zahl der Prätoren auf vier, nachher auf sechs, durch Sulla auf acht, unter Cäsar auf sechszehn vermehrt, welche aber seit der Einführung der guaestiones perpàae oder beständigen Criminalgerichte im Iahe 144 v. Ehr. während ihres Amtsjahres in der Stadt blieben und erst im folgenden Jahre als Propraetores eine Provinz zur Ver- waltung durch das Loos erhielten (sortiri provinciam)^ Beim Antritte seines Amtes machte der Prätor ein Edict oder eine Formel bekannt, wonach er in Fällen, worüber die Gesetze nichts bestimmten, seine Entscheidungen fällen wollte. Vor seinen Gerichtshof gehörten anfangs nur Civilprocesse oder Privatstreitigkeiten. Die öffentlichen oder pein- lichen Gerichte (judicia publica) wurden von dem ganzen Volke in den Comitien gehalten und judicia populi genannt. Den Amtskreis der Prätoren drücken die Worte do, dico und addico aus, d. h. er gab oder bestimmte die Richter, gewöhnlich Senatoren und Ritter, später diese allein, welche eine Art von Geschworengericht bildeten und das

8. Geschichte der Römer - S. 65

1836 - Leipzig : Baumgärtner
63 stimmten den Publilius Volero, einen kühnen Mann, der schon als Hauptmann oder Centurio gedient hatte, zum gemeinen Soldaten. Da ihn die eingeschüchterten Tribunen, die er um Beistand anrief, nicht schützten, als der Gerichtsdiener sich seiner Person bemächtigen wollte; so schrie er laut: ,7 Ich spreche das Volk an und flehe zum ganzen Bürgerstande um Schutz. Mitbürger, zu Hülfe! zu Hülfe, ihr Waffenbrüder! Auf die Tribunen dürft ihr nicht warten, die eurer Hülfe selbst bedürfen." Die Volksmenge horte seinen Ruf, mißhan- delte die Lictoren und zerbrach ihre Ruthenbündel. (Siehe die Abbildung Ng 13.) Nachdem der Aufstand sich gelegt hatte, beriefen die Consuln, die sich in die Curie geflüchtet hatten, den Senat und beklagten sich über Vo- lero's Frechheit; doch wagte man nicht, , mit Strenge gegen das auf- geregte Volk zu verfahren. Am nächsten Wahltage wurde Volero Volkö- tribun für das Jahr 472 v. Chr., 282 n. R. Man erwartete, er werde durch eine Anklage der Consuln Rache nehmen, allein nur auf seines Standes Wohl bedacht, machte er den Vorschlag, daß die Wahlen der plebejischen Obrigkeiten, die bisher in den Centuriatcomitien geschahen und daher ganz von den Patriciern abhängig waren, künftig durch die Tribus geschehen sollten, wo die Bürger nach Köpfen stimmten, damit diese Wahlen ganz frei würden. , Die Patricier vereitelten aber das ganze Jahr hindurch die Versammlungen der Gemeinde. Volero erhielt aber auch für das folgende Jahr das Tribunat und fügte noch den Vorschlag hinzu, daß die Pebs abgesondert von den Patriciern be- fugt seyn solle, in der Gemeinde der Tribus über alle Gegenstände des öffentlichen Wohls zu berathschlagen und zu beschließen. Heftig wider- setzte sich der adelsstolze Appius. Um aber dem Ausbruche größerer Unruhen vorzubeugen, verstand sich endlich der Senat, durch den billig- denkenden Consul Titus Quinctius bewogen, zur stillschweigenden Ge- nehmigung des Vorschlags (lex Publilia). Mit Unwillen folgten aber die Legionen dem verhaßten Consul Appius Claudius Regillensis in das Feld gegen die Volsker, und nöthigten ihn zum Rückzüge. Dafür übte er an der ungehorsamen Armee unerbittlich die Strenge des römischen Kriegsrechts: die Fahnen- träger, die Hauptleute und Doppelsöldner, die ihrem Gliede entlaufen waren, aus der übrigen Menge aber der zehnte Mann, wurden ent- hauptet. Glücklicher führte sein College Ouinctius, dem die Bürger wohl wollten, den Feldzug gegen die Aequer. Appius wurde nachher wegen seiner Härte, und weil er die Ackervertheilung Hintertrieben hatte,

9. Geschichte der Römer - S. 69

1836 - Leipzig : Baumgärtner
69 andern Tage bestieg Appius den Richterstnhl und sprach seinem Clienten das Recht zu, sich der Virginia, die mit ihrem Vater, Bräutigam und Verwandten in Trauerkleidern erschienen war, als seiner Sklavin zu bemächtigen. Als die Menge scheu vor dem abgeschickten Lictor zurück- wich und Virginius seine Tochter ohne Hülfe sah, da führte er sie rasch bei Seite, ergriff in einer nahen Fleischerbude ein Meffer und sprach: „Kind, dies einzige Mittel blieb mir, deine Freiheit zu retten!" Dann durchstach er dem Mädchen die Brust und rief zum Richtcr- stuhl hinaufblickend: „ Auf dich, Appius, und auf dein Haupt lade ich den Fluch dieses Blutes!" bahnte sich mit dem Messer einen Weg und erreichte, von der ihm nacheilenden Menge gedeckt, das Thor. (Siche die Abbildung 16.) Wahrend Jcilius und seine Genossen das Volk in Rom zur Rache entstammten, eilte der Vater nach dieser gräßlichen That in das Lager zurück und reizte das Heer zur Empörung. In geschlossenem Zuge gingen die Soldaten nach Rom und besetzten den Aventinus, jeden Bürger zur Wiedereroberung der Freiheit und zur Wiedereinsetzung der Tribunen auffordernd. Hier ernannten sie zwanzig Tribunen und zogen vom Aventinus auf den heiligen Berg. Die Patricier sahen sich zur Nachgiebigkeit gezwungen. Durch die den Plebejern befreundeten Se- natoren L. Valerius und M. Horatius ließen sie den Frieden unterhandeln. Die Bürger kehrten zurück auf den Aventinus und wählten fünf Bürgertribunen; Valerius und Horatius erhielten daö Consulat, auch die übrigen Obrigkeiten wurden wieder eingesetzt, nach- dem die Decemvirn ihr Amt niedcrgelegt hatten. Zur Befestigung der wiedergewonnenen Bürgerfreiheit gaben die Eonsuln in einer Centurienversammlung folgende Gesetze (Leges Vale- riae et Horatiae): l) Daß Alles, was der Bürgerstand durch die Stimmen seiner Bezirke feftsetzte, das Gesammtvolk verpflichten oder für dasselbe verbindlich seyn solle (ut guoä plebes tributim jussisset, populum teiieret); 2) daß Niemand eine Obrigkeit wählen solle, von der man nicht Ansprache (Appellation, provocatio) an das Gesammt- volk nehmen könne, und wer dagegen handle, solle geächtet seyn, so daß ihn jeder ungestraft zu tobte« befugt sey; 3) daß die Tribunen, plebejischen Aedilen und Richter unverletzlich seyen (lex Duilia tribu- nicia); 4) daß alle Senatsbeschlüsse in Abschrift an die plebejischen Aedilen abgegeben und in dem Cerestempcl anfbewahrt werden sollten^ Um der Verfälschung der Urkunden vorzubeugen, Unterzeichneten von jetzt an die Tribunen dieselben mit einem T. Auch hatten sie seit dieser Zeit einen Sitz im Senate vor den geöffneten Thüren der Curie,

10. Geschichte der Römer - S. 70

1836 - Leipzig : Baumgärtner
70 damit sie die Verhandlungen hören, und, wenn es nöthig war, auf der Stelle ihr Veto einlegen konnten. Nachdem nun die Tribunen ihre Macht begründet sahen, klagte Virginias die Decemvirn vor der Plebejergemeinde an. Vergebens riefen die Verklagten das Volk um Erbarmung an. Sie wurden ver- urtheilt und ihr Vermögen eingezogen. App ins endigte sein Leben im Kerker durch Selbstmord; ein anderer wurde hingerichtet oder entleibte sich, die übrigen gingen in die Verbannung. Also endete die Herr- schaft der Decemvirn zu Anfänge des Jahres 305 n. R., 449 v. Chr. Da die Aequer, Sabiner und Volsker sich wieder zum Kriege rü- steten und die Consuln gegen sie ausziehen mußten, so ließen sie vor ihrem Abgänge die in Erz gegrabenen Gesetze der Decemvirn, welche den Namen der zwölf Tafeln führen, öffentlich aufstellen. Wir kennen sie nur aus wenigen Bruchstücken. Aus diesen geht aber hervor, daß eine größere Gleichheit in die Verfassung gebracht wurde, indem die Patricier von jetzt an Mitglieder der örtlichen Tribus oder Be- zirke wurden, so daß die ursprünglich plebejischen Tribus die gesammte souveraine Nation in sich begreifen. Auch die Clienten wurden in die Tribus ausgenommen, so daß der Unterschied zwischen Plebejer und Clienten aufhört und diese auch mit zu dem Volke gerechnet werden. Uebrigens blieb die Regierung und Verwaltung des Staates fort- dauernd in den Händen der Patricier, aus deren Mitte die wichtigsten Staatsamter besetzt wurden. Auch konnte nach diesen Gesetzen zwi- schen Patriciern und Plebejern keine gültige Ehe geschlossen werden oder es durfte kein Connubium zwischen ihnen bestehen. Ueber das Leben und die Freiheit eines Bürgers konnte allein die Versammlung der Centurien entscheiden. Die Einführung besonderer Privilegien oder Ausnahmen vom Gesetz für einzelne Bürger war streng verboten; den Richtern war zur Beendigung eines Processes die bestimmte Frist vom Morgen bis zu Sonnenuutergang gesetzt. Einige Gesetze zeugen noch von der Rohheit des Zeitalters oder wurden wenigstens aus einer altern Zeit herstammend beibehalten, z. B. daß der Vater seinen Sohn drei- mal verkaufen konnte; daß Mißgeburten getödtet werden sollten; daß zweijährige Benutzung liegender Gründe diese zum Eigeuthum mache; daß Harte gegen die Schuldner und das Recht der Wiedervergeltung erlaubt war. Andere Gesetze enthielten polizeiliche Verordnungen, z. B. daß kein Leichnam in der Stadt beerdigt oder verbrannt, über- mäßige Trauer bei der Todtenbestattuug und unnöthigcr Schmuck der Leichen entfernt werden solle; daß die Häuser nicht zu nah an einander gebaut werden durften. Auf Diebstahl, falsches Ieugniß, Zauberei und
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